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Naturschutzbeirat ST behandelt den Antrag auf Erkundungsbohrungen für eine geplante unterirdische Transportverbindung zwischen den Steinbrüchen Lengerich-Hohne und Lienen-Höste

Tunnel soll nach den Plänen der Kalkindustrie das FFH-Gebiet und die Sudenfelder Strasse unterqueren

In der Sitzung des Naturschutzbeirates bei der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Steinfurt am 07.09.2021 um 15 Uhr im Kloster Gravenhorst wird unter TOP 6 der Antrag auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Befreiung von den Verboten der Naturschutzgebietsverordnung „Lengericher Osning“ für Erkundungsbohrungen für eine geplante unterirdische Transportverbindung zwischen den Steinbrüchen Hohne in Lengerich und Höste in Lienen behandelt.

Die Beschlußvorlage, Sachdarstellung und Antragsunterlagen sind im Sitzungskalender des Kreises einsehbar. Die Vorlage des Kreises Steinfurt empfiehlt, dem Antrag auf eine naturschutzrechtliche Befreiung für die Erkundungsbohrungen zu entsprechen.

Aus der Beiratsvorlage des Kreises Steinfurt:

I. Beschlussvorschlag
Der Naturschutzbeirat empfiehlt der uNB, dem Antrag der Fa. Dyckerhoff zu entsprechen und die naturschutzrechtliche Befreiung von den Verboten der NSG-VO „Lengericher Osning“ für Erkundungsbohrungen zwischen den Steinbrüchen Hohne und Höste unter Einhaltung der in der Sachdarstellung genannten Bedingungen zu erteilen.
II. Sachdarstellung
Mit Schreiben vom 29.07.2021 beantragt die Fa. Dyckerhoff GmbH eine Befreiung von den Verboten der NSG-VO „Lengericher Osning“, um Erkundungsbohrungen durchzuführen, für einen geplanten Tunnel, der die Steinbrüche Hohne und Höchste verbinden soll. Diese stellen stellen einen Eingriff von ca. 10-15 Tagen Dauer dar.
Als Alternative zum bisherigen LKW-Rohmaterialtransport über öffentliche Straßen ist eine unterirdische, hangabwärts gerichtete, elektrisch betriebene Bandanlage geplant. Diese soll in einem ca. 1.100 m langen Tunnel mit einem Durchmesser von ca. 7 m bei einer Höhenlage von mindestens 10 m unter Geländeoberfläche und 10 m über Grundwasserleiter betrieben werden. Für Detailplanungen zu diesem Tunnel sind zunächst 6 Erkundungsbohrungen im möglichen Tunnelkorridor erforderlich.
Der Korridor beginnt am westlichen Rand des Steinbruches in Lienen-Höste, verläuft bogenförmig in nordwestlicher Richtung unter der Sudenfelder Straße und schwenkt hinter dem Steinbruch Lengerich-Höste in das dortige Steinbruchgelände ein.

Rechtliche Rahmenbedingungen
Die Bohrpunkte 1-6 liegen in dem durch die Bezirksregierung Münster ausgewiesen NSG „Lengericher Osning“, das im betroffenen Bereich zugleich als FFH-Gebiet „Nördliche Teile des Teutoburger Waldes mit Intruper Berg“ ausgewiesen ist.
Gemäß der NSG-VO ist es im Schutzgebiet u. a. verboten im Gebiet mit Kraftfahrzeugen zu fahren oder diese abzustellen, sofern dies nicht der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft dient, Boden- oder Gesteinsmaterial zu entnehmen und aus dem Gebiet zu entfernen sowie landschaftsfremde flüssige oder feste Stoffe oder landschaftsfremde Gegenstände einzubringen. Das geplante Bohrvorhaben bedarf folglich einer naturschutzrechtlichen Befreiung gem. § 67 BNatSchG.
Die Erkundungsbohrungen sollen detaillierte geologische und geophysikalische Information und Daten bis in einer Tiefen von 20 – 50 m unter Gelände für das Tunnelprojekt generieren. Ohne diese Kenntnisse ist eine sichere und seriöse Planung (Lage, Konstruktion, Innenausbau, Kosten etc.) nicht möglich.
Durch den Tunnel könnten nach Angaben der Antragstellerin in Zukunft ca. 160 LKW-Fahrten (Hin- und Rückweg) pro Werktag und die damit u. a. verbundenen CO2– und Feinstaubemissionen vermieden werden. Zudem werden Bewohner und Arbeitende entlang der Wegestrecke von den verkehrsbedingten Beeinträchtigungen entlastet. Die Befreiungsvoraussetzung des öffentlichen Interesses gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG liegt demnach aus Sicht der Verwaltung vor.
Antragsunterlagen
Mit o. g. Schreiben wurden neben dem Befreiungsantrag folgende Antragsunterlagen eingereicht:
– Artenschutzrechtliche Vorprüfung (ASP I), Büro Bosch und Partner, Herne
– Vorprüfung der FFH-Verträglichkeit, Bosch und Partner, Herne
– Anlage zur FFH-Vorprüfung, Schmidt und Partner, Bielefeld
Die Unterlagen sind der digitalen Sitzungsdrucksache beigefügt. Auf den Ausdruck wird aus Gründen des Ressourcenschutzes verzichtet. Die Unterlagen können in ausgedruckter Form bei der uNB in Steinfurt eingesehen werden.
Beschreibung der Baumaßnahme
Das Vorhaben wird im Befreiungsantrag wie folgt beschrieben:
Die Aufstellfläche des Bohrgerätes einschließlich Arbeitsraum beträgt ca. 4 m x 14 m und liegt im Bereich von vorhandenen, ausreichend breiten Forstwegen (Bohrung 4, 5, 6), von kürzlich genutzten Rückewegen (Bohrung 1 und 2) und unmittelbar an der Fahrbahnkante der Sudenfelder Straße K 32 (Bohrung 3). Vor Ort werden zusätzlich 4 IBC-Behälter für die Wasserzuführung während des Bohrvorganges, Rohre zur Bohrlochstabilisierung und 1 m x 1 m große Holzlagerkisten für die Bohrkerne benötigt.
Die IBC-Tanks werden über eine Schlauchleitung von einem an der Sudenfelder Straße bzw. am Wanderparkplatz stehenden Tankfahrzeug beschickt. Mittels Bohrgerät wird bei einer 180 mm Bohrung jeweils ein Bohrkern mit einem Durchmesser von 100 mm aus Tiefen zwischen 20 bis 50 m unter Geländeoberkante entnommen. Das Bohrloch wird abschließend mit ortsüblichem Material und im oberen Bereich mit Quellton verschlossen. Gehölze müssen für die Baumaßnahme nicht entfernt wer-den. Da das Baufeld tlw. flexibel gestaltet werden kann, schließt die Antragstellerin Stammschäden etc. aus. Die Dauer des geplanten Eingriffs beträgt ca. 10 – 15 Tage.
Artenschutzrechtliche Vorprüfung (ASPI)
Gemäß der eingereichten Artenschutzrechtlichen Vorprüfung kann das Eintreten ar-tenschutzrechtlicher Verbotstatbestände für Fledermäuse und Vögel gem. §§ 39 und 44 Abs. 1 BNatSchG bei einer Bauzeitenbeschränkung auf den Zeitraum vom 15.09. bis zum 28.02. sicher ausgeschlossen werden.
Das Ergebnis der ASP I wird von der uNB geteilt, wenn zum Schutz der Fledermäuse als auch weiterer dämmerungs- bzw. nachtaktiver europäischer Vogelarten die allgemeine Bauzeitenbeschränkung ebenfalls für den Zeitraum von Mitte September bis Ende Oktober und von Anfang Januar bis Ende Februar um den Ausschluss der Dämmerungszeiten erweitert wird. Dies wird ebenfalls über eine Nebenbestimmung geregelt.
FFH-Vorprüfung
Gemäß der von der Antragstellerin eingereichten Vorprüfung der FFH Verträglichkeit sind unter Einhaltung einer Bauzeitenbeschränkung von tagsüber vom 15.09. bis zum 28.02. keine relevanten Beeinträchtigungen für die Lebensraumtypen, Zielarten und charakterlichen Arten zu erwarten, sodass die Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist.
Aufgrund des Vorkommens nachtaktiver Arten muss eine Bauzeitenbeschränkung in der naturschutzrechtlichen Genehmigung im Zeitraum vom 15.09. – 31.10. und 01.01. – 28.02. auf die Zeit zwischen Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang festgelegt werden. Eine entsprechende Nebenbestimmung wird in die Genehmigung aufgenommen.

Stellungnahme der unteren Wasserbehörde
Seitens der unteren Wasserbehörde wird bestätigt, dass durch die Bohrungen zukünftig keine hydraulische Kommunikation zwischen getrennten Grundwasserleitern zu besorgen ist. Weiterhin wird eine stoffliche oder qualitative Gefährdung des Grundwassers durch die geplanten Bohrungen bei Einhaltung der Regeln der Technik ausgeschlossen.
Fazit
Unter Beachtung der nachfolgend dargestellten Bedingungen, die als Nebenbestimmungen in die naturschutzrechtliche Genehmigung aufgenommen werden, bestehen gegen die Erteilung einer Befreiung von den Verboten der NSG-VO „Lengericher Osning“ gem. § 67 BNatSchG für das geplante Vorhaben keine Bedenken.
– Bauzeitenbeschränkung 15.09. bis 28.02 tagsüber
zusätzliche Bauzeitenbeschränkung für Dämmerungszeiten von Mitte Sep-tember bis Ende Oktober und von Januar bis Ende Februar
– Baumschutz im Bereich der Baustelle gem. RAS-LP 4
– Erkundungsbohrungen nach Regeln der Technik u.a. DIN 4020/ DIN EN 1997
– Entfernung von anfallenden und/oder überschüssigen Baustoffen
– Vermeidung von Wege- und Flurschäden durch Verzicht auf Befahren bei ungünstigen Bodenverhältnissen bzw. Einsatz von Baggermatratzen und
– Anzeige von Baubeginn und -ende

Anlage 1 B 187-2021 Befreiungsantrag

Anlage 2 B 187-2021 ASP I

Anlage 3 B 187-2021 Vorprüfung FFH-Verträglichkeit

Anlage 4 B 187-2021 Anlage zur FFH-Vorprüfung